Der Begriff "Wikinger Kompass" bezieht sich im Allgemeinen auf zwei verschiedene Dinge, die mit der Navigation der Wikinger in Verbindung gebracht werden:
1. Der Vegvísir:
Dies ist ein isländisches magisches Symbol, das oft als "Wikinger-Kompass" bezeichnet wird. Der Name bedeutet wörtlich "Wegweiser" oder "Wegfinder".
Es besteht typischerweise aus einem zentralen Punkt, von dem acht speerenartige Arme in verschiedene Richtungen abgehen. Jeder Arm endet in einem einzigartigen Symbol.
Die erste Erwähnung des Vegvísir findet sich im Huld-Manuskript, einer Sammlung magischer Zaubersprüche und Sigillen aus dem 19. Jahrhundert. Dies ist deutlich nach dem Ende der Wikingerzeit (ca. 793 - 1066 n. Chr.).
Die Inschrift im Huld-Manuskript besagt: "Wenn dieses Zeichen geführt wird, soll der Träger weder bei Sturm noch Wind verloren gehen, selbst wenn der vor ihm liegende Weg unbekannt ist." Es wird also als ein Symbol des Schutzes und der Führung angesehen.
Es gibt keine direkten Beweise dafür, dass die Wikinger dieses spezifische Symbol tatsächlich für die Navigation nutzten. Die Verbindung zur Wikingerzeit ist eher popularisiert als historisch gesichert.
Heutzutage ist der Vegvísir ein beliebtes Motiv für Tattoos, Schmuck und in der neuheidnischen Szene, oft als Symbol für Orientierung im Leben und spirituelle Führung. Es wird fälschlicherweise oft als authentisches Wikinger-Navigationsinstrument angesehen.
2. Tatsächliche Navigationsmethoden der Wikinger:
Die Wikinger waren bemerkenswerte Seefahrer, die weite Strecken über offenes Meer zurücklegten, lange bevor der magnetische Kompass in Europa üblich wurde.
Ihre Navigation beruhte auf einer Kombination aus verschiedenen Methoden:
Beobachtung von Himmelskörpern: Sie nutzten die Sonne, den Mond und die Sterne zur Orientierung.
Küstennavigation: Sie hielten sich oft in Küstennähe und orientierten sich an Landmarken.
Kenntnis von Meeresströmungen und Winden.
Beobachtung von Vögeln und Walen: Das Flugverhalten von Vögeln oder das Auftauchen von Walen konnte auf die Nähe von Land hindeuten.
Der "Sonnenstein" (wahrscheinlich Kalzit): Es wird vermutet, dass die Wikinger spezielle Kristalle, sogenannte Sonnensteine, verwendeten, um die Position der Sonne auch bei bedecktem Himmel oder in der Dämmerung zu bestimmen. Diese Steine haben die Eigenschaft, Licht zu polarisieren, und durch Drehen des Steins konnte man den ungefähren Sonnenstand erkennen.
Die Uunartoq-Scheibe: Ein archäologischer Fund einer hölzernen Scheibe mit Markierungen deutet auf eine Art Sonnenuhr oder Kompass hin, aber ihre genaue Funktionsweise ist unklar.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Begriff "Wikinger Kompass" hauptsächlich mit dem mystischen Symbol des Vegvísir assoziiert wird, obwohl es keine historischen Beweise dafür gibt, dass die Wikinger dieses Symbol tatsächlich als Navigationsinstrument nutzten. Ihre tatsächlichen Navigationsfähigkeiten beruhten auf einer Kombination aus Beobachtungsgabe und möglicherweise dem Einsatz von Hilfsmitteln wie dem Sonnenstein.